T.Storm, Der Schimmelreiter

Materie:Appunti
Categoria:Filosofia

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Testo

Theodor Storm.
1817 in Husum (Holstein) als Sohn eines Anwals geboren, folgte Storm dem Beruf des Vaters. Beim deutsch-danischen Streit um die Eingliederung Holsteins in Danemark nahm er dagegen stellung und mußte nach deren Inkrafttreten seine geliebte Heimat verlassen und nach Postdam ziehen. 1864 kehrte er nach Kriegsende in seine Heimatstadt zurück, wo er eine erfolgreich Richterkarriere machte.
1870 nach Hedemarschen übersiedelt, fand er 1888 den Tod. Seine Dichtung, die zum „poetischen Realismus“ gehört, ist sowohl in den lyrischen als auch in den epischen Werken durch deskriptive Genauigkeit, dabei aber auch durch Melancholie, oft Tragik charakterisiert. Er bevorzugte Themen der Verbundenheit mit der heimatlichen Landschaft und ihrer Tradition, die er zunachst in den frühen „Erinnerungsnovellen“, dann mit immer starkeren tragiscen Tönen in den spateren „chroniknovellen“ zum Ausdruck brachte.
Hauptwerke:
Novellen: Immensee (1850); Pole Poppenspaler (1874); Aquis Submersus (1877); Der Schimmelreiter (1888).
Gedichte (1852).

Theodor Storm: aus „Der Schimmelreiter“.
[...] Eine furchbare Böe kam brüllend vom Meer herüber, ind ihr entgegen stürmten Roß und Reiter den schmalen Akt zum Deich hinan. Als sie oben waren, stoppte Hauke mit Gewalt sein Pferd. Aber wo war das Meer? Wo Jeverssand? Wo blieb das Ufer drüben?-Nur Berge von Wasser sah er vor sich, die dräuend gegen den nächtilichen Himmel stiegen, die in der furchtbaren Dämmerung sich übereinander zu türmen suchten und übereinander gegen das feste Land schlugen. Mit weißen Kronen kamen sie daher, heulend, als sei in ihnen der Schrei alles furchbaren Raubgetiers der Wildnis. Der Schimmel schlug mit den Vorderhufen und schnob mit seinen Nüstern in den Lärm hinaus; den Reiter aber wollte es überfallen, als sei hier alle Menschen-macht zu Ende; als müsse jetzt die Nacht, der Tod, das Nichts hereinbrechen.

Theodor Storm: aus „der Schimmelreiter“.
[...]
„Ich will“, sagte er langsam und hielt dann einen Augenblick inne, „ich will, daß das große Vorland, das unserer Hofstatt gegenüber beginnt und dann nach Westen ausgeht, zu einem festen Kooge eingedeicht werde: die hohen Fluten haben fast ein Menschenalter uns in Ruh gelassen; wenn aber eine von den schlimmen wiederkommt und den Anwachs stört, so kann mit einem Mal die ganze Herrlichkeit zu Ende sein; nur der alte Schlendrian hat das bis heut so lassen können!“.
Sie sah ihn voll Erstaunen an: „So schiltst du dich ja selber!“ sagte sie.
-„Das tu ich, Elke; aber es war bisher auch so viel anderes zu beschaffen!“
„Ja, Hauke; gewiß, du hast genug getan!“.
Er hatte sich in den Lehnstuhl des alten Deichgrafen gesetzt, und seine Hände griffen fest und beide Lehnen.
„hast du denn guten Mut dazu?“ frug ihn sein Weib.
-„Das hab ich, Elke!“ sprach er hastig.
„Sei nicht zu rasch, Hauke; das ist ein Werk auf Tod und Leben; und fast alle werden dir entgegen sein, man wird dir dein Müh und sorg nicht danken!“.
Er nickte: „Ich weiß!“ sagte er.
„Und wenn es nun nicht gelänge!“ rief sie wieder; „von Kindesbeinen an hab ich gehört, der Priel sei nicht zu stopfen, und darum dürfte nicht daran gerührt werden.“
„Das war ein Vorwand für die Faulen!“ sagte Hauke; „weshalb denn sollte man den Priel nicht stopfen können?“
-„Das hört’ ich nicht, vielleicht, weil er gerade durchgeht; die Spülung ist zu stark.“
-Eine Erinnerung überkam sie, und ein fast schelmisches Lächeln brach aus ihren ernsten Augen: „Als ich Kind war“, sprach sie, „hörte ich einmal die Knechte darüber reden; sie meinten, wenn ein Damm dort halten solle, musse was Lebigs hineingeworfen und mit verdämmt werden, das sie um schweres Geld der Mutter abgehandelt hätten; jetzt aber würde wohl keine ihr Kind verkaufen!“
Heuke schüttelte den Kopf. „Da ist es gut, daß wir keins haben; sie würden es sonst noch schier von uns verlangen!“.
„Sie sollten’s nicht bekommen!“ sagte Elke und schlug wie in Angst die Arme über ihren Leib.
Und Heuke lächelte; doch sie frug noch einmal: „Und die ungeheuren Kosten? Hast du das bedacht?“.
-„Das hab ich, Elke; was wir dort herausbringen, wird sie bei weitem überholen, auch die Erhaltungskosten des alten Deiches gehen für ein gut Stück in dem neuen unter; wir arbeiten ja selbst und haben über achtzig Gespanne in der Gemeinde, und an jungen Fäusten ist hier auch kein Mangel. Du sollst mich wenigstens nicht umsonst zum Deichgrafen gemacht haben, Elke; ich will ihnen zeigen, daß ich einer bin!“.

„Der Schimmelreiter“ (1888)
Der Schimmelreiter ist die reifste Novelle Storms und wurde 1888 wahrend der todlichen Krankheit des Autors verfaßt. Wie der todkranke Storm Krampft auch sein Held Hauke Haien gegen die zerstorerische Macht der Natur aber trotz seiner prometheischen Anstrengung, muß er unerbittlich unterliegen.
Hauke Heien ist der Sohn eines Kleinbauern, strebt aber danach, Deichgraf zu werden, weil er vor der Idee eines durch moderne Baumethoden gesicherten Deiches besessen ist. Da aber nur reiche Leute zu diesem Amt gelangen können, verschafft er sich durch seine Tüchtigkeit und seinen aufrichtigen Charakter, die Liebe Elkes, der Tochter des Deichgrafen. Nach dessen Tod kann er Deichgraf werden, aber er gerat sofort in Wiederspruch zur Dorfgemeinde. Der neue Deich wird vollendet und dadurch gewinnt zwar die Gemeinde neues Land, dieses wird aber größtenteils Haiens Besitz. Der neue Deich ist für alle vorteilhaft, weil er die Sicherhait des Dorfes erhöht und dem Meer Neuland abringt. Die Dorfbewohner verstehen aber Haiens Eifer als Instrument seiner gewinnsucht. Das verdient er nicht: Haien will sich nicht bereichern, sondern er will durch seinen brennenden Ehrgeiz etwas Außergewöhnliches vollbringen. Er will sich sein Amt durch eigene Tatigkeit verdienen. Um sein Ziel zu verfolgen, muß er aber nicht nur die Mißgunst, sondern auch den Aberglauben des Volks bekampfen. Die meisten glauben, er sei mit dem Teufel im Bunde. Bei einer Sturmflut bricht der alte Damm und Frau und Kind des Deichgrafen ertrinken in den Fluten; Hauke selbst stürzt sich mit seinem Schimmel in die Wellen. Seitdem lebt Hauke Haien als ruheloses Gespenst mit seinem Schimmel in der Phantasie des Volkes weiter.
Wenn eine Sturmflut droht, wird in den Wirtsstuben von diesem Spuk erzahlt.

Kurzer Interpretationsvorschlag.
Der Einzelganger steht isoliert gegen die Gesellschaft, die mißtrauisch geworden ist wegen seiner neuen Baumethoden und dem ratselhaften Kauf eines altersschwachen Schimmels, mit dem Hauke im Mondlicht über den Deich reitet. Auch sein geistig verwirrtes Kind beunruhigt die Dorfbewohner. So muß Hauke für seinen Ehrgeiz teuer bezahlen: er bleibt allein mit seinem Projekt und sein großes Werk kostet ihm auch sein Glück. Elke bekommt ein Kind, das schwachsinnig ist; sie gesteht: „...das Kind, das ich nach Jahren dir geboren habe, es wird für immer ein Kind bleiben. Oh lieber Gott! Es ist schwachsinnig. Ich muß es einmal vor dir sagen...Aber warum?...Was habe ich arme Mutter verschuldet?“.
Der Deichbau und das Unglück der Familie sind eng miteinander verbunden: Das Schicksal fordert sein Opfer für die große Tat. Das Opfer ist aber noch nicht zu Ende. Elke behauptet: „ Man wird dir deine Müh und Sorg nicht danken!“. Das bedeutet nicht nur, daß Hauke von seinen Zeitgenossen keinen Dank erhalten wird, sondern auch, daß die spateren Generationen nicht gerecht urteilen werden. Für die folgenden Generationen lebt der Deichgraf nicht dank seiner großen Leistung, sondern bloß als der „Schimmelreiter“, als ein ruheloses Gespenst, als ein grausiger Spuk, der immer wieder erscheint, wenn ein Sturm droht.
Die Tragödie Hauke Haiens ist die Tragödie des aufgeklarten Einzelnen im Kampf gegen die stumpfsinnige Menge, deren Neid und Beschranktheit. Die Herrscherfigur scheitert an der bornierten Mediokritat seiner Umwelt und erliegt somit den elementaren Kraften der Natur (das Meer gilt hier namlich als elementarer Widersacher des Menschen!). Es handelt sich um die Tragödie eines vom Volk entfremdeten aber technisch hochbegabten Autodidakten, der ohne ererbten Besitz Aberglauben und Unwissenheit bekampfen will.
In dieser Novelle schildert Storm auch den Kampf des Menschen gegen die rauhe Natur des Nordens und vor allem gegen das stürmische Meer. Der Blick auf das Individuum, auf seine Beziehung zur Umwelt und zur Natur ist vorherrschend. Oft ist in Storms Novellen auch Irrationales, Unrealistisches enthalten. In dieser letzen Novelle kommt das Unheimliche der norddeutschen Meereslandschaft zum Ausdruck und wird bis zum Mythischen gesteigert. Traditionen und Aberglaube spielen auch eine wichtige Rolle.
Diese Novelle ist einfach und klar geschrieben, aber einiges ist trotzdem nicht leicht verstandlich. Storm gebraucht viele Wörter und Ausdrüke seiner nordischen Heimat, die anderswo nicht bekannt sind. Das ist sehr wirklichkeitsnah, es erschwert aber das Verstandnis und die Übersetzung in eine andere Sprache. Der Ton dieser bekannten Novelle, wie auch fast aller Erzahlungen Storms, ist schwermütig, tragisch; vielleicht deswegen, weil jede religiöse Bindung fehlt. Der pessimistische Grundton in Storms Novellen wurzelt im illusionslosen Materialismus des gottlosen Autors, dessen Lebensauffassung zweifellos vom Weltbild Darwins beeinflußt wurde. Selbst nach dem Tode seiner ersten Frau schrieb Storm ausdrücklich, er sei „ohne Hoffnung künftigen Daseins“. Für Storm war das Leben nichts anderes als ein Werden durch Wachsen und Vergehen.
Gerade das luzide Bewußtsein der irdischen Verganglichkeit trieb ihn auf die Suche nach etwas – was bei ihm nur ewige Liebe und Erinnerung bedeutet -, was sich der zerstörerischen Macht der Zeit widersetzen kann.

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